Trump und der Ankereffekt: Oder warum 50% Zoll gar nicht so irre sind, wie sie klingen.

Warum Anchoring (Ankern) in Verhandlungen so gefährlich gut funktioniert.

Donald Trump hat viele Deals ruiniert und noch mehr gewonnen. Nicht, weil er so sachlich verhandelt. Sondern weil er den Raum sprengt, in dem andere denken. Zölle auf deutsche Autos? 50 %. Völlig irre. Und plötzlich ist die EU froh, wenn es nur 15 % werden. Willkommen beim Ankereffekt.

Wer diesen Trick nicht kennt, verhandelt gegen eine Illusion.
Wer ihn kennt, durchschaut das Spiel und spielt zurück.

Was ist Anchoring?

Beim Anchoring (Ankereffekt) geht es darum, durch einen frühen, starken Impuls das Denken des Gegenübers unbewusst zu lenken. Dieser Impuls ist meist eine Zahl, oft überzogen, provokant, völlig daneben. Aber er funktioniert, weil unser Gehirn darauf anspringt.

Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat dieses Phänomen untersucht und eindrucksvoll beschrieben:

„Wir sind nicht so rational, wie wir denken. Unser Denken ist erstaunlich beeinflussbar.“

In einem seiner Experimente sollten Versuchspersonen schätzen, wie viele afrikanische Staaten Mitglied der UNO sind. Vorher mussten sie ein Glücksrad drehen. Landete es auf 10, waren die Schätzungen deutlich niedriger als bei 65, obwohl das Rad natürlich nichts mit Afrika zu tun hatte.
Der Anker war gesetzt.

Und was heißt das für die Praxis?

Ganz einfach: Wenn Du verhandelst, wird ein Anker gesetzt. Immer. Entweder von Dir oder von der anderen Seite. Und dieser Anker beeinflusst, was als vernünftig, realistisch oder fair gilt.

• Der Kunde sagt: „Wir haben uns 20 % Nachlass vorgestellt.“
  Schon bist Du in der Defensive, selbst wenn Du innerlich lachst.
• Du sagst: „Wir starten bei 9.800 €“ und der Kunde rechnet plötzlich von dort runter, nicht von seinen 7.500 € im Kopf.

Der erste Anker zieht das ganze Gespräch in seine Umlaufbahn.

Drei Regeln für junge Verhandler

1. Setz selbst den ersten Anker.
   Wer zuerst kommt, verankert die Diskussion. Also mutig sein, nicht warten.
2. Bleib gelassen, wenn andere ankern.
   Wenn der Anker offensichtlich überzogen ist, benenn ihn als solchen. Etwa so:
   „Das ist ein sehr ambitionierter Einstieg. Schauen wir doch mal gemeinsam, was sinnvoll ist.“
3. Trainiere Gegenanker.
   Wenn Du einen Anker hörst, musst Du nicht automatisch nachgeben. Setz Deinen eigenen daneben und verschieb das Spielfeld zurück.

Fazit? Nein. Eine Einladung:

Spiel das Spiel oder das Spiel spielt mit Dir.
Trump hat’s verstanden. Jetzt bist Du dran.