Neulich bei einem Kunden: Ich halte eine Präsentation, auf einer Folie steht:
„Klare Definition von Aufgaben der Einkäufer:innen“.
„Oh nee“, stöhnt ein Geschäftsführer. „Jetzt bitte nicht gendern, das geht gar nicht.“ Seine Kollegin springt mir zur Seite und sagt, dass es ihr eigentlich egal sei. Sie sei weder dafür noch dagegen. Und schon ging es ein paar Minuten lang nicht mehr um den eigentlichen Punkt, nämlich dass Menschen, die nicht zufällig zur Zunft der Wahrsager gehören, klare Aufgaben brauchen. Stattdessen drehte sich alles darum, ob Gendern nun für Gleichberechtigung essenziell ist, einfach praktisch oder der Untergang der deutschen Sprache.
Ob Gendern nötig ist? Darüber lässt sich streiten. Ursprünglich sollte es die Sprache gerechter machen. In Reinform wirkt es auf mich oft sperrig. Spätestens bei Sätzen wie:
„Die Kundinnenbetreuer:innenleitung hat beschlossen, dass die Mitarbeitendenversammlung hybrid stattfindet“ oder „Herzlich willkommen, liebe Zuschauer:innen, Zuhörer:innen und Zuhausbleibenden“.
Aber (und lies hierzu gern das Goodie Alles vor dem Aber ist Käsekram) pragmatisch angewandt kann es durchaus hilfreich sein. Das ist übrigens der Grund, warum ich es im Schriftlichen nutze. Im obigen Beispiel hätte ich früher geschrieben: „Klare Definition der Aufgaben der Einkäuferinnen und Einkäufer“. Das ist meiner Meinung nach eher sperriger, weil länger.
Und was ist nun richtig?
„Woher soll ich das wissen? Bin ich Herr Duden?
Obwohl meine Frau immer sagt: Quatsch nicht so dämlich, was weißt du’dn?“
Heinz Erhardt
Was ich aber weiß, ist, dass Sprache sich verändert.
Und zwar immerzu.
Allen jenen, die sehr streng an bisherigen Sprachkonventionen festhalten, empfehle ich: Lies mal wieder Goethes Faust.
„Der Tragödie erster Teil“ erschien 1808 und war ein Bestseller, weil es die Menschen bewegte und von allen verstanden wurde. Lies das mal heute. Viele Sätze wirken so verdreht, dass man sie ohne Übersetzung kaum versteht. Manche Wörter sind vollständig aus unserem Sprachschatz verschwunden.
Es hat also gerade einmal gut 200 Jahre gebraucht, unsere Sprache so zu verändern, dass wir einen einstigen Bestseller kaum noch verstehen. Sprache entwickelt sich ständig weiter. Sie bildet unseren Alltag und gesellschaftliche Veränderungen ab. Wer das ablehnt, lehnt letztlich Entwicklung an sich ab.
Wir sind heute fein mit etwas, wir erinnern etwas, hagere Kumpels nennen wir Digger. Und das freut mich als Norddeutschen besonders: Man wird inzwischen in vielen Regionen Deutschlands nicht mehr schräg angeschaut, wenn man am Nachmittag mit Moin grüßt. Das crazy. Um mal das Jugendwort 2025 zu nutzen, das schlicht so viel bedeutet wie verrückt.
Was genau ist nun meine Empfehlung für dich? Bleibe locker und bleibe tolerant. Nutze Sprache so, dass du dich wohlfühlst und deine Inhalte klar transportierst. Das ist echte Authentizität. Und die ist wichtiger als jedes Regelwerk.




