Kennst du die Transformers? Nicht? Dann erkläre ich dir das Prinzip dieser japanischen Zeichentrick- und Comicserie. Ganz normale, spießige PKWs, zum Beispiel ein Seat Arosa, verwandeln sich per Knopfdruck in Kampfroboter von der Größe eines Studentenwohnheims und bekämpfen sich dann gegenseitig. So weit, so doof. Gut, dass es das nur in der Fantasie irgendeines durchgeknallten Zeichners gibt, denn viele Fahrer verhalten sich auf deutschen Autobahnen auch ohne solche Gadgets schon aggressiv genug.
Als Vorbild für diese Serie diente das in der Natur vorkommende Wunder der Transformation. Das bekannteste Beispiel ist, wenn aus einer schleimig vor sich hin kriechenden Raupe ein wunderschöner, in der Sonne tanzender Schmetterling wird.
Auf Unternehmen angewandt bedeutet Transformation, dass eine Firma mit einem bestimmten Zweck etwas völlig anderes wird. Wenn also Marlboro künftig keine Zigaretten mehr produziert, darf Philip Morris das mit Recht eine Transformation nennen, weil hier tatsächlich eine Neudefinition des Unternehmens stattfindet.
Und weil über solche Transformationen alle Welt spricht, überlegen sich immer mehr Manager, dass sich das Wort auch in ihrem Lebenslauf oder ihrer Jobbeschreibung gut macht. Das einzige Problem ist, dass sie keine echte Neudefinition anstoßen, sondern nur kleinere Veränderungen. Weil Transformation aber so unfassbar sexy klingt, nennen sie ihre Anpassung dann eben Transformation. Und sich selbst am besten gleich Transformation-Manager.
Ein Beispiel gefällig? Wenn das angeschlagene Unternehmen A (Raupe Nr. 1) mit dem angeschlagenen Unternehmen B (Raupe Nr. 2) fusioniert, entsteht daraus zumeist kein Schmetterling, sondern einfach nur eine angeschlagene Doppelraupe.
Derlei Wortakrobatik findest du wie Sand am Meer. Aber wenn zwei Teams zusammengelegt werden, ist das noch lange keine strategische Neuausrichtung. Wenn ihr jetzt Rechnungen als PDF empfangen könnt, ist das keine Digitalisierungsoffensive. Wenn der Praktikant eine PowerPoint-Schulung bekommt, ist das kein Talent-Development-Track. Und nur weil jemand die Pappbecher am Kaffeeautomaten abgeschafft hat, ist das noch keine Sustainability-Roadmap.
Wenn dir also das nächste Mal jemand von einer „Transformation“ erzählt, weil er ein Formular digitalisiert oder ein Meeting umbenannt hat, dann nicke freundlich. Und wisse: Er verwandelt sich nicht. Er lackiert sich nur neu.
Lasse dich nicht täuschen. Echte Veränderung braucht Mut, nicht Marketing. Wer jede Kleinigkeit „Strategiewechsel“ nennt, verwechselt Bewegung mit Bedeutung.
Und für dich: Sage lieber, was du wirklich tust. Und tue wirklich, was du sagst. Dinge mit echter Bedeutung müssen nicht künstlich aufgeblasen werden.
Denn was dringend gebraucht wird, sind keine Transformers, sondern Menschen mit Verstand, Klarheit und Rückgrat.




